A-111-5 Mini Synthesizer Voice

Der A-111-5 ist kein Oszillator im herkömmlichen Sinn, sondern ein kompletter Mini-Synthesizer mit VCO, VCF, VCA, ADSR und zwei LFOs. Ein »Dark Energy« (erste Generation) für das Modulsystem! Hier ist vieles patchbar, aber bei näherer Betrachtung wird man erkennen, dass einige Signalwege ausschließlich intern geschaltet sind. Es gibt beispielsweise keine Möglichkeit, den Ausgang des Oszillators vor dem Filter abzugreifen. Der A-111-5 ist also kein »Modularsystem im Modularsystem«.

Aber das will der A-111-5 auch gar nicht sein: Er ist eine praktische Lösung, wenn man auf sehr kompaktem Raum noch eine zusätzliche »Stimme« im Modularsystem benötigt, die auch ohne viele Patchkabel unmittelbar und schnell einsetzbar ist. Noch kompakter – allerdings unter Verlust der LFOs und mit vereinfachter Hüllkurve – geht das nur noch mit dem A-111-6. Der A-111-5 beinhaltet einen VCO, ein VCF (24dB Tiefpassfilter), einen VCA, zwei LFOs und einen ADSR-Generator, der Steuerspannungen z.B. für Lautstärkeverlauf oder Filterverlauf erzeugen kann.

Zudem ist das Filter einmalig: Es erlaubt lineare Frequenzmodulation seiner Eckfrequenz und ist – in Selbstoszillation – hervorragend tonal spielbar. Die Rechteck- und Pulsschwingungen des VCOs sind zwar etwas »abgerundet«, in Summe aber noch ziemlich exakt (auch im Vergleich zu A-110-1 oder A-111-1).

Nachdem der A-111-5 aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit von CEM3394 – Bausteinen nicht mehr produziert wurde, hat Doepfer das Modul mit dem AS3394 neu aufgelegt.

Stand: Herbst 2020

Wird auch ein externes Signal „abgerundet“?

Öffnet vielleicht das Filter nicht vollständig und sorgt auf diese Weise für die besondere Schwingungsform? Nein, externe Signale werden nicht abgerundet, obwohl sie ja ebenfalls das Filter im A-111-5 durchlaufen müssen. In der Abbildung z.B. ein Rechtecksignal aus einem A-110-1 VCO:

A-111-5: Rechteck – leicht abgerundet.
A-111-5: Puls – ebenfalls abgerundet.
Rechteck eines A-110-1 über den externen Eingang des A-111-5.

Dreieck und Sägezahn

Der Oszillator des A-111-5 hat noch eine weitere Besonderheit: Die Pulsschwingung ist grundsätzlich immer »eingeschaltet«, ein Dreieck oder ein Sägezahn kann per Schalter hinzugefügt werden. Um aber ein reines Dreieck oder einen reinen Sägezahn zu bekommen, muss die Pulsbreite auf 0% oder 100% (»PW«-Regler auf Anschlag links oder rechts) – und somit auf »unhörbar« gestellt werden:

A-111-5: Dreieck.
A-111-5: Sägezahn.

Mischung aus Puls und Dreieck oder Sägezahn

Bei anderen Pulsbreiten-Einstellungen erhält man interessante Mischklänge, die zwar mit jedem anderen VCO ebenfalls erzielbar sind, aber hier eben recht einfach und ohne zusätzliche Patchkabel, Mixer etc.:

A-111-5: Eine Mischung aus Rechteck und Dreieck.
A-111-5: Eine Mischung aus Puls und Sägezahn.

Bedienelemente

Eingänge:

Gate vom Systembus (ohne Abb.): Der ADSR-Generator lässt sich über ein am Systembus anliegendes Gatesignal auslösen. Bei Bedarf kann diese Verbindung intern über einen Jumper aufgetrennt werden. Um ein Gate in einen Systembus einzuspeisen, wird das Modul A-185-1 benötigt.

Mit Ausnahme des ADSR Gate-Eingangs, der die Leitung zu den Gatesignalen des Systembusses unterbricht, werden alle anderen Eingänge (Audio- wie Modulationseingänge) zusätzlich zu den internen Modulations- und Audioquellen addiert.

  1. VCO F: Steuereingang für die Frequenz des Oszillators (exponentielle Kennlinie mit 1 V / Oktave). Die Steuerspannung wird zu einer evtl. am Systembus anliegenden Steuerspannung addiert (keine Schaltbuchse wie beim A-110).
  2. VCO PW: Steuereingang für die Pulsbreite des Oszillators (ohne Abschwächer).
  3. VCF F: Steuereingang für die Eckfrequenz des Tiefpassfilters (exponentielle Kennlinie mit 1 V / Oktave – wichtig, falls das Filter in Eigenresonanz als zweiter Oszillator mit Sinusschwingung benutzt wird – der Eingang ist ansonsten ohne Abschwächer)
  4. VCA A: Steuereingang für die Amplitude des Verstärkers (ohne Abschwächer).
  5. ADSR Gate: Damit wird die ADSR-Hüllkurve ausgelöst.
  6. External Audio: Eingang zum Einspeisen einer externen Klangquelle (z.B. Rauschen) in Filter und VCA.

Ausgänge:

  1. Audio: Audioausgang des Gesamtsignals nach Filter und Verstärker.
  2. ADSR: Ausgang der Steuerspannung des ADSR-Generators.
  3. LFO 1: Ausgang der Steuerspannung von LFO 1 (im Vergleich zur internen Schaltung vom LFO1 ist die Spannung invertiert).

Regler / Schalter

VCO-Sektion:

  1. Tune: Regler zur Stimmung des Oszillators, ca. +/- 1/2 Oktave.
  2. FM: Abschwächer für die Frequenzmodulation des VCOs (1 V / Oktave nicht abgeschwächt).
  3. PW: Regler für die Pulsbreite. Da dieser Regler zwischen echten 0% und 100% liegt, kann man mit 0% oder 100% auch die Pulswelle ausschalten.
  4. PM: Abschwächer für die Intensität der Pulsbreitenmodulation.
  5. Range: Wahlschalter zum Transponieren +/- 1 Oktave.
  6. Source: Schalter für die Quelle der Frequenzmodulation: LFO1, ADSR oder „off“ (keine Modulationsquelle).
  7. Schalter Shape zur Auswahl, ob zusätzlich zum Puls (Ausschalten siehe oben bei „PW“) ein Dreieck, nichts („off“) oder ein Sägezahn dazu gemischt wird.
  8. Source: Schalter für die Quelle der Pulsbreitenmodulation: LFO2, ADSR oder „off“ (keine Modulationsquelle).

VCF-Sektion:

  1. Frq.: Regler zum Einstellen der Eckfrequenz.
  2. Track: Schalter zur Auswahl, ob die Eckfrequenz in halbem („half“) oder in vollem („full“) Umfang oder gar nicht („off“) der Frequenz des Oszillators folgt.
  3. XM: Abschwächer für die exponentielle Frequenzmodulation der Eckfrequenz (V/Oktave).
  4. LM: Abschwächer für die lineare Frequenzmodulation der Eckfrequenz (V/Hz). Für Filter ist das ein recht ungewöhnliches Feature! Besonders interessant wird das, wenn das Filter bei hoher Resonanz zum Sinus-Oszillator wird und mit – dem sehr guten – Tracking über eine Tastatur / Sequencer gespielt wird, während eine lineare FM angelegt wird.
  5. Res: Regler für das Ausmaß der Resonanz des Filters, das auch in Eigenschwingung (Sinus-Oszillator) versetzt werden kann.
  6. Source: Schalter für die Modulationsquelle der exponentiellen Frequenzmodulation: LFO2, ADSR oder „off“ (keine Modulationsquelle).

VCA, LFO1 und LFO2:

Beide LFOs sind identisch ausgelegt, die Bedienelemente werden daher nur einmal beschrieben.

  1. Range: Schalter zur Auswahl, ob der LFO langsam („low“), mittelschnell („mid“) oder schnell („hi“) schwingt. Maximal sind ca. 5 kHz erreichbar, das sind bereits moderate Audiofrequenzen.
  2. Range: Wie oben, für den zweiten LFO.
  3. Source: Schalter für die Modulationsquelle der Amplitudenmodulation: LFO1, ADSR oder „off“ (keine Modulationsquelle).
  4. Shape: Schalter zur Auswahl der Schwingungsform Dreieck, Rechteck oder „off“ (keine Spannungsausgabe).
  5. Shape: Wie oben, für den zweiten LFO.
  6. A: Regler zur manuellen Einstellung der Amplitude. Alles, was hier größer als „0“ eingestellt wird, erzeugt einen Dauerton (sofern nicht alle VCO-Signale ausgeschaltet oder das Filter komplett geschlossen wurde).
  7. AM: Abschwächer für die Modulation der Amplitude.
  8. F: Regler für die Frequenz des LFOs.
  9. F: Wie oben, für den zweiten LFO.

ADSR-Sektion:

  1. ADSR Range: Schalter zur Auswahl der Geschwindigkeit des ADSR-Generators: Langsam („low“), mittel („mid“) oder schnell („hi“). Aus Gründen des kompakten Frontplatten-Layouts befindet sich dieser Schalter links von der VCA-Sektion, hat aber mit dieser nichts weiter zu tun.
  2. A: Regler zum Einstellen der Einschwingzeit („Attack“), bis die maximale Spannung erreicht ist (während das Gatesignal anliegt).
  3. D: Regler zum Einstellen der Ausschwingzeit („Decay“) zwischen Erreichen der maximalen Spannung und dem über den Regler „Sustain“ einstellbaren Haltepegel (während das Gatesignal anliegt).
  4. S: Regler zum Einstellen des Haltepegels nach erfolgten „Attack“- und „Decay“-Phasen (der Pegel wird solange gehalten, wie das Gatesignal anliegt).
  5. R: Regler zum Einstellen der Ausschwingzeit („Release“) nach Wegfall des Gatesignals (beispielsweise wenn eine Keyboard-Taste wieder losgelassen wird).

Ein kompletter Mini-Synthesizer

Der A-111-5 ist die preisgünstigste Möglichkeit, eine komplette Synthesizerstimme in das Modularsystem zu bekommen. Oft kosten bereits VCO und VCF so viel wie dieses Modul, hier sind aber noch zwei einfache LFOs, ein ADSR, ein VCA und ein paar Audio- bzw. CV-Mischer eingebaut. Das ist durchaus praktisch, wenn man mit einem sehr kleinen Modularsystem anfangen möchte.

Bei größeren und großen Systemen kann es attraktiv sein, »mal so eben« eine weitere Stimme einzubauen, die z.B. im Livebetrieb schnell und ohne viel Verkabelung einsatzbereit ist. Und dank der Vor-Verschaltung und der sehr cleveren Konfiguration des Filters lassen sich ohne viel Aufwand erstaunlich komplexe Klänge erzielen.

Aber auch für Einsteiger-Modularsysteme ist der A-111-5 eine Überlegung wert: Man kann das Modul gut als Ausgangsbasis verwenden und dann mit weiteren Modulen (VCO, VCF, Waveshaper usw.) ergänzen.

Grundeinstellung für neue Sounds

Als Ausgangspunkt für neue Sounds können Sie folgende Grundeinstellung ausprobieren.

  • VCO: Tune = 5, Range-Schalter in der Mittelstellung, FM = 0, Source-Schalter daneben in der Mittelstellung (»off«), PW = 0 (damit ist die Pulswelle ausgeschaltet), Shape-Schalter daneben auf Sägezahn, PM = 0, Source-Schalter daneben auf Mittelstellung (»off«). Der VCO wird damit einen Sägezahn in mittlerer Oktavlage erzeugen.
  • VCF: Frq im oberen Drittel, Track-Schalter auf »off«, XM und LM auf 0, Source-Schalter auf Mittelstellung (»off«), Res = 0. Das Filter wird etwas an Höhen abschneiden, aber sonst keine auffälligen Verfärbungen des Klangs erzeugen.
  • VCA: A = 0, AM = 10, Source-Schalter auf ADSR. Der Verstärker wird damit ausschließlich vom Hüllkurvengenerator (ADSR) gesteuert.
  • LFO 1 & LFO 2: Beide Shape-Schalter auf Mittelstellung (»off«). Die LFOs sind damit erst einmal ausgeschaltet, die anderen LFO-Bedienelemente haben bei »off« keine Auswirkung.
  • ADSR: ADSR Range-Schalter auf »mid«, A = 0, D = 0, S = 10, R = 0. Die Hüllkurve ist damit eine einfache Orgel-Hüllkurve (Ton ist bei Tastendruck sofort da und verstummt beim Loslassen der Taste sofort wieder). Der Ausgang des Moduls ist mit der Audio-Anlage verbunden, VCO F Eingang und ADSR Gateeingang werden von einer Tastatur o.Ä. angesteuert.

Jetzt wird geschraubt!

Was Sie jetzt versuchen können:

Bewegen Sie per Hand den Regler »Frq« des Filters: Der Klang wird unterschiedlich dumpf oder brillant werden.

Wählen Sie eine mittlere Eckfrequenz und spielen Sie über einen größeren Tastaturbereich: Die höheren Töne werden dumpfer als die tiefen. Schalten Sie jetzt den Schalter »Track« des Filters auf »half« oder »full«: Die Eckfrequenz wird nun an die gespielte Tonhöhe zum Teil (half) oder ganz (full) angepasst.

Wie verändern sich die Klänge, wenn Sie die Resonanz des Filters erhöhen? Was passiert mit den tiefen Frequenzanteilen? Achten Sie auf den Klang bei sehr hoher Resonanz (Selbstoszillation des Filters).?Probieren Sie andere Hüllkurven: Mehr Attack lässt den Ton langsam lauter werden, Release lässt ihn nach dem Loslassen der Taste ausklingen. Attack = 0, Decay und Sustain auf mittlerem Wert lassen den Ton perkussiver werden, die Lautstärke bleibt bei länger gehaltener Taste auf der mit Sustain eingestellten Lautstärke.

Schalten Sie den ADSR-Generator als XM-Modulationsquelle des Filters ein und variieren Sie mit dem Regler »XM« die Intensität der Modulation.

Schalten Sie einen oder beide LFOs ein und setzen Sie sie als Modulationsquellen für VCO, VCF oder VCA (oder einer Kombination davon) ein.

Mischen Sie die Pulsschwingung des Oszillators (mit PW im mittleren Bereich) dazu. Schalten Sie den Sägezahn aus.

Ein alter Trick geht auch hier

Der Audioausgang der A-111-5 Mini Synthesizer Voice wird mit dem A-180-1 Multiple aufgesplittet und über einen A-183-1 Attenuator wieder in den eigenen »External Audio«-Eingang zurückgeführt.

Versuchen Sie ruhig auch einmal einen alten »Minimoog-Trick«: Der Audioausgang wird über ein Multiple aufgesplittet. Ein Teil geht in die Abhöranlage, ein anderer Teil über einen Abschwächer wieder zurück in den eigenen Audioeingang. Fangen Sie mit stark abgeschwächten Signalen an.

Das Filter als zweiter Oszillator

Die lineare Filter-FM ist ein ungewöhnliches Feature. Zudem ist die Kennlinie zur Steuerung der Eckfrequenz sehr exakt 1 V / Oktave (deutlich genauer als bei vielen anderen Filtern). Aufgrund der beiden unabhängigen externen Steuereingänge für VCO und VCF können Sie das Modul sogar zweistimmig spielen – hier mit einem Sequencer:

Ein A-155 Sequencer steuert sowohl die Frequenz des VCOs, als auch die Frequenz des VCFs im A-111-5 Mini Synthesizer. Der A-156 Quantizer erleichtert dabei die Einstellung auf exakte Tonhöhen.

Im folgenden Klangbeispiel wird dieses Setup demonstriert: Zu Beginn hört man den reinen Sinus des selbstoszillierenden Filters, dann kommt der VCO mit einer Pulswelle dazu, später folgen Modulationen von VCO und VCF. Zum Ende wird die Resonanz immer weiter reduziert, bis schließlich nur noch der VCO zu hören ist.

Schnelle LFOs

Die beiden LFOs reichen ein gutes Stück in den Audiobereich: Eingesetzt zur Frequenzmodulation von VCO (LFO1) und / oder VCF (LFO2), erhalten Sie ein breites Spektrum an metallischen und disharmonischen Klängen für die Abteilung »Special Effects«.

„Live“-Eingriffe erwünscht

Die große Zahl an Umschaltmöglichkeiten (das Modul verfügt immerhin über 12 3fach-Schalter!) ist eine schöne Einladung, um schnell und drastisch in den Klang einzugreifen – das ist etwas, das Sie möglicherweise nicht gerade mit einem Modularsystem verbinden, oder?

Technische Daten

Breite24 TE
Tiefe40 mm
Strombedarf80 mA (+12V) / -50 mA (-12V)