Kapitel 5: Andere Klangverbieger

Mit den bislang vorgestellten Modulen – Klangerzeuger und Filter – lässt sich bereits sehr gut und vielseitig arbeiten, sie gehören zur Standardausstattung jedes Synthesizers.

Die Module im folgenden Kapitel sind dagegen schon eher Spezialwerkzeuge: Wave Multiplier, Frequenzschieber, Ringmodulator, Eimerkettenspeicher – das klingt doch mehr nach Elektrotechnikstudium als nach Musik machen, oder? Dennoch glaube ich, dass gerade hier einige der spannendsten Module zu finden sind. Selbst wenn Sie sich nur ein sehr kleines Modulsystem zusammenstellen möchten: Nehmen Sie eines der hier beschriebenen Module mit »an Bord« und lassen Sie sich überraschen!

  • Waveshaper sind Geräte, die die Form von Schwingungen teils drastisch verändern können. Die hier vorgestellten Waveshaper machen das mit Abschneiden oder »Umklappen« von Teilen dieser Schwingungen.
  • Eimerkettenspeicher (Bucket Brigade Devices, BBDs) verzögern Signale mit Hilfe einer einfachen Schaltung, die ein paar interessante Nebeneffekte mit sich bringt (es versteht sich von selbst, dass wir auch diese Nebeneffekte musikalisch nutzbar machen).
  • Ringmodulatoren oder Frequenzschieber erzeugen nichtharmonische (oft »metallische«) Obertonspektren.
  • Frequenzteiler fügen einem Ton einen tiefer gestimmten zweiten Ton hinzu.
  • Unter den Modulen von Doepfer finden sich noch weitere »klassische« Effekte wie analog und digital erzeugter Hall, Bitcruncher, usw.

Waveshaper

Die hier beschriebenen Waveshaper basieren alle darauf, dass Teile einer Schwingungsform abgeschnitten oder »umgeklappt« werden (Clipping bzw. Folding). Das funktioniert naturgemäß nur bei Schwingungsformen, deren Formen sich dadurch auch tatsächlich verändern: Rechteck- oder Pulswellen bleiben auch nach einem Abschneiden oder Umklappen des oberen und unteren Endes meistens recht ähnlich zu dem, was sie vorher schon waren. Ausnahmen aufgrund von Artefakten gibt es aber immer!

Bei Clipping und Folding von allen anderen Schwingungsformen werden immer zusätzliche Obertöne hinzugefügt, sie sind daher so etwas wie ein »Gegenstück« zu Filtern, die Teile des Klanges entfernen. Eine Modulation der Waveshaper bringt ein grundsätzlich sehr lebendiges Klangbild mit sich, das sich irgendwo zwischen Gitarrenverstärker und Digitalsynthesizer bewegt.

Beiträge zu Waveshapern

Eimerkettenspeicher (analoge Delays)

Ein Bucket Brigade Device (BBD) oder Eimerkettenspeicher nimmt die am Eingang anliegende Spannung und reicht sie über eine Reihe von analogen Zwischenspeichern (den »Eimern« in der Kette) weiter an seinen Ausgang. Technisch gesehen sind die Eimer kleine Kondensatoren, die auf- und wieder entladen werden können. Das Aufnehmen und Weiterreichen zum jeweils nächsten Eimer wird mit sehr hoher Frequenz und synchronisiert an allen Stellen der Kette durchgeführt. Je nach Taktfrequenz und Länge der Kette vergeht eine gewisse Zeit, bis die Spannung so durch das BBD gewandert ist – man hat ein Delay erzeugt.

Die Bandbreite der Delays reicht dabei von wenigen Millisekunden bis in den Sekundenbereich, eine Rückkopplung des verzögerten Signals zurück in den Eingang ist ebenfalls möglich. Das erzeugt verschiedene Chorus-, Flanger und Echo-Effekte.

Die Module A-148 Dual S&H und A-152 Voltage Addressed Switch sind so etwas wie zwei »Eimerkettenspeicher im Miniaturformat“! Ein Sample & Hold Modul ist vergleichbar mit einem einzelnen Eimer eines BBDs: Eine am Eingang angelegte Spannung wird gespeichert und liegt danach bis zur nächsten Spannungs-»Probe« am Ausgang des Moduls an.

Abgesehen von Delays mit BBD-Schaltungen bieten noch einige weitere Module »Effekte« an, wie man sie z.B. auch von Gitarren-Effektpedalen kennt, z.B. digital oder elektromechanisch erzeugten Hall. Dennoch kann eine Integration in ein Modularsystem lohnend sein, wenn die Parameter über die Steuerspannungen des Synthesizers (z.B. ADSR, LFO) moduliert werden.

Die als Fußpedal ebenfalls recht beliebten Phaser findet man übrigens im Kapitel über die Filter.

Beiträge zu Eimerkettenspeichern, Hall und digitalen Effekten

Ringmodulator und Frequenzschieber

Ringmodulatoren und Frequenzschieber wurden schon sehr früh in Modular­systemen eingesetzt: Die Schaltung ist vergleichsweise einfach und die damit erzielbaren sehr »metallischen« Klänge waren bald als ungewöhnliche Effekte geschätzt.

Beiträge zu Ringmodulatoren und Frequenzschiebern

Exkurs: VCAs als Klangformer (Amplitudenmodulation)

Das Dreiecksignal eines VCOs wird mit dem Rechtecksignal eines zweiten VCOs in der Amplitude moduliert. Damit die Modulation »greift«, benötigt der VCA etwas »Gain«, d.h. einen Grund-Verstärkungspegel, der dann z.B. vom Rechtecksignal positiv und negativ moduliert werden kann.

Wenn man mit Ringmodulatoren und Polarizern interessante Klänge erzeugt, dann nutzt man dabei im Grunde nur die Auswirkungen von Verstärkern und Invertierern, die so schnell moduliert werden, dass sie die zugeführte Schwingungsform selbst verändern.

Aber auch ohne Invertierung kann man sehr ungewöhnliche Klänge z.B. mit zwei VCOs und einem VCA erzeugen.

Deutlich erkennbar: Das modulierende Rechtecksignal führt zu einem hochfrequenten »An- / Ausschalten« des Dreiecksignals. Das Ergebnis erinnert entfernt an Ringmodulation, ist aber selbst bei stark gegeneinander verstimmten VCOs deutlich weniger »glockenartig«, sondern klanglich eher wie ein Verzerrer / Waveshaper.

Frequenzteiler (Suboszillatoren)

Frequenzteiler sind – nach all den »Exoten« – wieder recht alltägliche Geräte. Viele einfache analoge Synthesizer hatten an Stelle eines zweiten Oszillators (teuer!) einen Frequenzteiler eingebaut (kostengünstig!) – dieser wurde dann oft als »Suboszillator« bezeichnet. Auch die beliebten »Octaver« Gitarrenfußpedale sind Frequenzteiler.

Ein Frequenzteiler erzeugt normalerweise ein Rechtecksignal aus einem fast beliebigen Eingangssignal. Das erzeugte Rechtecksignal hat dabei beispielsweise eine Frequenz von 1 Oktave unter dem Eingangssignal (1/2 Frequenz). Es gibt aber auch andere Teiler, z.B. weitere Sub-Oktaven (1/4, 1/8, 1/16 wie etwa beim A-115 oder sogar bis 1/64 beim A-160-1) oder beliebige ganzzahlige Teiler (1/3, 1/5, 1/7 usw. wie beim A-113 oder A-163).

Die Frequenzteiler werden hier ausführlich im Kapitel über Klangformer behandelt, weil sie sehr oft für die Anreicherung von Audiomaterial eingesetzt werden. Sie sind aber auch (mit Ausnahme vielleicht vom A-115) sehr gut zur Teilung von Gatesignalen geeignet. Insbesondere mit ungeraden Teilerverhältnissen (1/3, 1/5 usw.) lassen sich komplexe rhythmische Strukturen generieren.

Beiträge zu Frequenzteilern


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Filter ohne Kaffee?

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Mischen, verstärken, verteilen