A-110-1 Standard VCO

Der A-110-1 ist der „Standard“-Oszillator von Doepfer. Das „Standard“ klingt ein wenig despektierlich, ist das dann so etwas wie ein „Billig-VCO mit Sparklang“?

Klanglich muss sich der A-110-1 aber keinesfalls verstecken, auch nicht vor deutlich teureren Oszillatoren! Zunächst sehen die Schwingungsformen auf dem Oszilloskop nicht wirklich alle „exakt mathematisch“ aus, insbesondere Dreieck und Sinus, aber auch der etwas „unruhige“ Sägezahn. Sind sie auch nicht! Aber – und das ist auch eine „Philosophie“-Frage – das müssen sie meiner bescheidenen Meinung nach bei einem Musikinstrument auch gar nicht sein! Der A-110-1 ist bestimmt kein Laborinstrument für wissenschaftliche Experimente. Aber er ist eine hervorragende Basis für ein Musikinstrument, das sehr gut klingt!

Wie sieht das auf einem Oszilloskop aus?

A-110-1: Sägezahn
A-110-1: Dreieck
A-110-1: Sinus

Der A-110-1 beruht auf einem sogenannten „Sawtooth-Core“, d.h. er erzeugt grundsätzlich eine Sägezahn-Schwingung und leitet alle anderen Schwingungsformen davon ab. Man kann z.B. beim Dreieck eine leichte Einkerbung erkennen, die daraus resultiert. Ein „echtes“ Dreieck produzieren die VCOs der „A-111-Familie“, also der A-111-1, der A-111-2, der A-111-3, der A-111-4, der A-111-5 oder der A-111-6 („Triangle Core“).

Auch der Sinus hier sieht ein wenig „angespitzt“ aus, das ist kein ganz perfekter Sinus. Beim A-111-1 und mehr noch beim neuen A-111-2 ist das deutlich besser gelungen, auch beim A-110-4 oder A-143-9 ist der Sinus viel „formschöner“. Über die empfundene Klangqualität sagt das freilich noch nichts. Allerdings gibt es auch Anwendungen wie Frequenzmodulation zwischen Oszillatoren, bei denen etwas „Dreck“ im Sinus zu Nebeneffekten führen kann, die man dann nun wieder mögen oder – häufiger – nicht so sehr mögen kann.

A-110-1: Rechteck
A-110-1: Puls

Rechteck und Puls wirken zunächst merkwürdig „unkorrekt“. Nicht wirklich rechteckig, sondern mit „schrägen Dächern“. Das ist keine Eigenheit des A-110-1, sondern von sehr vielen Oszillatoren. Sogar gute Software-Synthesizer (denen es ja digital und somit egal sein könnte) versuchen das übrigens nachzubilden und erzeugen sehr ähnliche Verläufe.

Bedienelemente

Systembus:

Praktisch „unsichtbar“ kann die Tonhöhe des A-110-1 über den Systembus gesteuert werden, der dafür eine eigene Leitung reserviert hat (jeweils auf die Breite einer Busplatine, bei Bedarf über Jumper in zwei Teile pro Busplatine aufsplittbar). Die Ansteuerung über den Systembus erfordert einen Bus-Zugang, z.B. über das Modul A-185-1 oder A-185-2 und ist immer dann sinnvoll, wenn mehrere VCOs von derselben Quelle (Sequencer, Keyboard etc.) gleichzeitig angesteuert werden sollen: Ein einfaches Splitten des Steuersignals über Multiples reicht hier nicht mehr, sondern würde aufgrund mehrerer „Verbraucher“ zu Spannungsverlusten und damit zu ungenauer Intonation führen. Man ist aber nicht an den Systembus „gekettet“, die Steuerspannungsbuchse „CV1“ ist als Schaltbuchse ausgelegt, die bei Bedarf den VCO unabhängig vom Bus steuert.

Schaltbuchse zur Trennung von der Bus-CV

Als einzige Oszillatoren von Doepfer haben die A-110-1 eine Schaltbuchse „CV1“, die den VCO beim Einstecken eines Patchcords von der internen Bus-CV trennt. Das ist extrem praktisch, wenn Sie z.B. mehrere A-110-1 VCOs normalerweise über ein A-182-1 (und somit über den Bus) ansteuern, aber auch mal Ausnahmen machen wollen: Patchen Sie die entsprechende Steuerspannung einfach in den Eingang „CV1“ und das Modul arbeitet völlig unabhängig von Steuerspannungen, die am Bus anliegen.

Damit muss – im Gegensatz zu allen anderen Doepfer-VCOs – auch nicht die werksseitige Verbindung zum Bus unterbrochen werden, falls diese nicht genutzt werden soll (um z.B. Einstreueffekte über die Leitungen zu vermeiden): Sobald der Eingang „CV1“ genutzt wird, ist die Bus-Verbindung gekappt.

Eingänge:

  1. SYNC: Für die Synchronisation mit einem anderen Oszillator.
  2. CV1: Steuerspannung („Control Voltage“) für die Beeinflussung der Frequenz des VCOs. Die Steuercharakteristik beträgt 1 V / Oktave.
  3. CV2: Wie „CV1“, aber zusätzlich mit Abschwächer (Regler „CV2“) zur Reduzierung der angelegten Steuerspannung. „CV2“ ist nicht als Schaltbuchse ausgeführt.
  4. PW CV1: Steuereingang für die Pulsbreite der Pulsschwingung. Eine langsam modulierte Pulsbreite erzeugt einen schwebenden Klang, der an zwei leicht verstimmte Oszillatoren erinnert – ein beliebter Trick, wenn man mit nur einem VCO volle Klänge erzeugen möchte, für die man sonst mehrere VCOs eingesetzt hätte.
  5. PW CV2: Wie „PW CV1“, aber mit Abschwächer (Regler „PW CV2“) zur Reduzierung der angelegten Spannung.

Hinweise zu SYNC und Steuerspannung

SYNC – Die Synchronisation mit einem anderen Oszillator. Beim Unterschreiten einer bestimmten Spannung an diesem Eingang (fallende Flanke) wird der Durchlauf der Schwingung des Oszillators neu gestartet. Üblicherweise schließt man hier den Rechteck-Ausgang eines anderen Oszillators („Master“) an. Schwingt der doppelt so schnell, dann wird unser A-110-1 bei Erreichen des Mittelpunktes seiner Schwingungsform bereits wieder neu gestartet, was bei Sinus oder Dreieck deren Klang unter Umständen deutlich verändert, bei Sägezahn oder Rechteck dagegen viel weniger. Zudem nimmt er die höhere Tonhöhe des Master-Oszillators an. Und wenn der „Master“ eine niedrigere Frequenz hat? Auch dann wird grundsätzlich die Tonhöhe des Masters angenommen, es kommt aber – je nach Frequenzverhältnis – zu komplexeren Schwingungsformen: Nach einem normalen Komplettdurchlauf folgt ein Teildurchlauf der Schwingung, dann wieder ein Komplettdurchlauf usw., was recht interessant klingen kann (aber meist nicht so „dramatisch“ wie bei schnellerem Master).

Die Steuerspannung („Control Voltage“) an den Eingängen CV1 und CV2 dient der Beeinflussung der Frequenz des VCOs. Die Steuercharakteristik beträgt 1 V / Oktave. Hier werden Keyboard, Sequencer usw. angeschlossen, die die Tonhöhe steuern sollen, aber auch langsame Oszillatoren (sog. LFOs – Low Frequency Oszillators), um z.B. ein Vibrato zu erzeugen. Steuert man hier mit Oszillatoren im Audiobereich, dann erhält man oft recht metallisch klingende FM-Klänge (FM für Frequenzmodulation). Die Modulation der Tonhöhe erfolgt immer exponentiell zur angelegten Spannung, d.h. 1 V zusätzlich (nicht abgeschwächt) erhöht den Ton um 1 Oktave (also auf die doppelte Frequenz), 2V zusätzlich erhöhen den Ton um 2 Oktaven (also bereits auf die vierfache Frequenz), 3V dann um 3 Oktaven auf die achtfache Frequenz. Andere Oszillatoren, wie z.B. der A-111-1 erlauben daneben auch eine Modulation der Tonhöhe linear zur angelegten Spannung: 1 V erhöht dabei die Frequenz um z.B. 500 Hz, 2V dann um 1000 Hz. Solcherart linear frequenzmodulierte Oszillatoren lassen sich sehr gut für tonal zu Spielendes einsetzen. Der Grund liegt darin, dass sich bei linearer FM die wahrgenommene Grundfrequenz des modulierten Oszillators nicht verändert, bei exponentieller FM aber durchaus (und somit „stimmt“ der Ton dann nicht mehr). Der Eingang „CV1“ ist als Schaltbuchse ausgeführt: Eine am Systembus anliegende Steuerspannung kann hier unterbrochen und durch eine andere Spannungsquelle ersetzt werden.

Ausgänge:

  1. Je ein separater Ausgang für Sägezahn, Puls, Dreieck und Sinus. Wenn man z.B. zum Sägezahn oder Puls den Sinus dazu mischt, kann man das Bassfundament nochmal verstärken. Aber auch eine Mischung aus Rechteck und Sägezahn ergibt interessante Klänge. Oder ein Dreieck nach dem Filter dazu mischen: So kann man den Bassverlust mancher Filter bei höherer Resonanz kompensieren.

Regler / Schalter:

  1. Range: Drehschalter zur Vorauswahl der Oktave (mit +/- 2 Oktaven beschriftet, lässt sich aber weiter in höhere Oktavlagen schalten und funktioniert auch dann noch).
  2. Tune: Regler für die Feinabstimmung der Tonhöhe (ca. +/- 1/2 Oktave).
  3. Abschwächer für den CV2-Steuereingang.
  4. Manuelle Voreinstellung der Pulsbreite PW: Anders als bei manchen anderen VCOs lässt sich die Pulsbreite im vollen Bereich von 0% bis 100% einstellen – die beiden Extremwerte „0%“ und „100%“ sind naturgemäß nicht mehr hörbar. Das lässt sich für interessante automatische Abläufe nutzen, in denen dann der VCO bei voller Pulsbreitenmodulation hin und wieder „ausgeschaltet“ wird.
  5. Abschwächer für den PW CV2 Steuereingang.

Temperaturkompensation

Der A-110-1 ist aus einem ganz klassischen Design Ende der 70er Jahre entstanden, bei dem die Temperaturkompensation erstmals in den Schaltkreis integriert wurde. Ein kleines „Heizelement“ sorgt dafür, dass die temperaturkritischen Bauteile immer mit einer konstanten Temperatur oberhalb der Raumtemperatur, aber unterhalb zerstörerischer Hitze versorgt werden. Moog hat das z.B. im Rogue (1981) eingesetzt.

Patchbeispiele

Ein ganz einfacher Synthesizer

Für den Steuereingang „CV1“ wird die Steuerspannung eines Keyboards oder Sequencers verwendet, einer der Audioausgänge wird (direkt oder über einen Mixer mit anderen VCOs zusammen) in ein Filter und dann in einen VCA geleitet. Bei Bedarf kann man die Pulsbreite mit einem eher langsamen LFO oder Hüllkurvengenerator modulieren, evtl. auch die Tonhöhe über den Eingang „CV2“ mit einem etwas schnelleren LFO (allerdings stark abgeschwächt, damit das ein Vibrato und kein Jaulen ergibt).

Zwei VCOs gemischt in Filter und VCA sind für viele Synthesizer „Standard“: Leichte Verstimmung zwischen den Oszillatoren sorgt für schöne Schwebungen und ein lebendiges Klangbild. Leider löschen sich zwei VCOs manchmal gegenseitig aus – je nach Phasenlage der Signale zueinander (d.h. „Berg“ plus „Tal“ gleichzeitig in den beiden Schwingungen ergibt eine Auslöschung, einen Augenblick später dann schon wieder eine Verstärkung).

Um das abzumildern, kann der Einsatz eines dritten VCOs sinnvoll sein. (Minimoog lässt grüßen…!) Ein kleiner Modularsynthesizer könnte so aussehen:

2 VCOs, ein VCF, ein VCA, dazu noch Mixer und ADSR = einfacher Synthesizer!

Schwingungsformen mischen

Mischen der Schwingungsformen.

Versuchen Sie einmal, die Einzelausgänge des A-110-1 zu mischen, idealerweise mit einem polarisierenden Mischer (z.B. A-138c), der auch z.B. die „Subtraktion“ einer Pulswelle von einem Sägezahn erlaubt. Sie erhalten zusätzliche Schwingungsformen, die durch Filter nicht erreichbar sind.

Ein VCO moduliert sich selbst

Ein VCO moduliert sich selbst in der Frequenz.

Auch die Ausgangssignale eines VCOs sind nur Spannungen – Sie können damit also auch andere VCOs, VCFs, VCAs usw. modulieren.

Wenn Sie die Tonhöhe eines VCOs durch sein eigenes Ausgangssignal (Puls, Sinus usw.) modulieren, erhalten Sie recht ausdrucksstarke, „wilde“ Spektren.

Modulierter Master beim Sync

Ein LFO moduliert den Sync-Master VCO.

Modulieren Sie beim Einsatz von SYNC die Frequenz des Master-VCOs zum Beispiel mit einem LFO oder ADSR-Generator – Sie erhalten sehr bewegte Klänge.

Eckfrequenzmodulation und Amplitudenmodulation durch den VCO

Modulation des VCA mit dem Sinus-Ausgang des VCOs.

Modulieren Sie nachgeschaltete Filter oder Verstärker mit dem VCO – auch ein Verstärker kann auf diese Weise stark klangfärbend arbeiten!

Technische Daten

Breite10 TE
Tiefe55 mm
Strombedarf90 mA (+12V) / -20 mA (-12V)