Das A-106-1 Xtreme Filter ist eine richtige Spaß-Kiste! Das technische Design ist inspiriert von den Filtern des Korg MS-20, geht aber sehr weit über diese hinaus: Sehr differenziert regelbares Clipping (Verzerrung) der Filterresonanz, getrennte Eingänge für Tiefpass- und Hochpass-Modus (vergleichbar mit dem A-101-1 Vactrol Filter), sowie einen auftrennbaren Feedbackweg (ähnlich wie beim A-108 48dB Filter).
Klanglich ist das Modul ziemlich speziell, die Resonanz verzerrt stark, die Filter (ein 12 dB Tiefpass und ein 6 dB Hochpass) schließen nicht ganz und tun auch sonst nicht unbedingt das, was man von einem »gut gebauten« Filter erwarten würde. Aber das möchte ja auch niemand bei einem Filter, das an den MS-20 angelehnt ist.
Bedienelemente
Eingänge:
- CV1: Steuerspannungseingang für die Eckfrequenz (ohne Abschwächer).
- CV2: Steuerspannungseingang für die Eckfrequenz (mit einfachem Abschwächer).
- CV3: Steuerspannungseingang für die Eckfrequenz (mit bipolarem Abschwächer).
- LP In: Audioeingang für das Tiefpassfilter des Moduls.
- HP In: Audioeingang für das Hochpassfilter des Moduls, als Schaltbuchse ausgeführt: Wenn hier kein Stecker (von einer Klangquelle oder auch ein Blindstecker ohne weitere Verbindung) steckt, wird das Signal des Tiefpassfilters an das Hochpassfilter weitergeleitet.
- Res. Insert In: Audioeingang in den Feedbackweg des Filters, mit dem durch gezielte Rückkopplung die Filterresonanz erzeugt wird.
Ausgänge:
- Res. Insert Out: Audioausgang für die Feedbackschleife des Filters. Zwischen Ausgang und Eingang der Feedbackschleife können weitere Module zur Klangbearbeitung geschaltet werden.
- Out: Audioausgang für das gefilterte Signal.
Regler / Schalter:
- Frequ.: Regler für die Eckfrequenz (gilt gleichermaßen für das Tiefpass- wie für das Hochpassfilter).
- CV2: Abschwächer zur Steuerspannung für die Eckfrequenz aus „CV2“.
- CV3: Abschwächer zur Steuerspannung für die Eckfrequenz aus „CV3“. Der Regler arbeitet bipolar, d.h. bei Reglerpositionen links von „12 Uhr“ wird das Eingangssignal invertiert.
- LP Lev: Abschwächer für das Audiosignal am Eingang „LP In“.
- HP Lev: Abschwächer für das Audiosignal am Eingang „HP In“, bzw. bei nicht belegter Schaltbuchse für den Eingang „LP In“. Der Regler arbeitet bipolar, links von „12 Uhr“ wird das Eingangssignal invertiert.
- CL+: Regler für das Clipping (Verzerrung) des Eingangssignals – hier für den positiven Anteil der Schwingungsform. Das Clipping ist ausgesprochen weich und harmonisch (kein „hartes Abschneiden“). Bei Reglerposition „0“ findet maximales Clipping statt.
- CL-: Regler für das Clipping des Eingangssignals – hier für den negativen Anteil der Schwingungsform.
- Res.: Regler für die Resonanz des Filters. Wenn die Buchsen „Res. Insert“ für eine externe Feedbackschleife verwendet werden, wird hier der Eingang geregelt (untere Buchse).
Einsatzmöglichkeiten
Das Filter ist sicher kein „Brot und Butter“-Filter für Standardsounds. Aber wenn es etwas abgedreht oder trashig klingen soll, dann glänzt das Xtreme Filter.
Getrennte Eingänge für LP und HP
Wie sonst nur noch das A-101-1 Vactrol Multitype Filter besitzt unser A-106-1 getrennte Eingänge für die Tiefpass- und die Hochpass-Filterung. Der HP-Eingang ist dabei über eine Schaltbuchse auf den LP-Eingang normalisiert. Wie beim A-101-1 kann man das dafür nutzen, gleichzeitig einen höher transponierten VCO für den LP-Eingang und einen tiefer transponierten VCO für den HP-Eingang einzusetzen. Zwei Oktaven Abstand sind ein ganz brauchbarer Ausgangspunkt, um dann mit einem weit reichenden Filtersweep ein sehr breites Klangspektrum zu durchfahren.
Gemeinsame Eckfrequenz für LP und HP
Der Hochpass- und der Tiefpass-Modus sind nicht zwei separate Filter, sondern teilen sich sowohl Eckfrequenz als auch Resonanz. Dennoch lässt gerade die Kombination interessante Klänge zu, z.B. kann über den bipolaren „HP Lev.“-Regler manuell zwischen Notch- und Bandpass-Filter überblendet werden. Man darf dabei aber nicht „herkömmliche“ Notch- oder Bandpässe erwarten, die Durchlässigkeit / Übersprechen zwischen HP und LP ist groß. Wenn diese Überblendung nicht manuell, sondern spannungsgesteuert ablaufen soll, wird vor einen der beiden Eingänge ein VC Polarizer (A-133) geschaltet und beide Eingangsabschwächer auf etwa gleich große positive Werte eingestellt:
Clipping
Das Clipping des Eingangssignals kann getrennt für den oberen und den unteren Anteil der Schwingungsform (jeweils im Gegenuhrzeigersinn) geregelt werden. Unter Clipping versteht man normalerweise ein relativ hartes Abschneiden / Glätten der Schwingungsformen am positiven (Cl+) oder negativen (Cl-) Teil der Schwingungsform. Bei Extremeinstellungen nähert sich damit fast jedes Eingangssignal einer Rechteckschwingung an.
Unser A-106-1 arbeitet nicht ganz so hart, die abgeschnittenen Schwingungsformen sind recht deutlich abgerundet. Das Ergebnis ist dann auch nicht „sägend“, wie ein ganz hartes Clipping, sondern eher weich und harmonisch.
Damit können asymmetrische Schwingungsformen wie etwa beim A-116 erzeugt werden. Die beiden Clipping-Regler sind leider etwas kontraintuitiv ausgelegt: Bei Reglerposition „0“ erfolgt das maximale Clipping, bei „10“ gar kein Clipping.
Selbstoszillation und Clipping
Normalerweise erzeugen Filter bei der Selbstoszillation vergleichsweise reine Sinusschwingungen. Normalerweise. Unser A-106-1 geht auch hier ganz eigene Wege.
Die folgenden Oszilloskop-Bilder zeigen die entstehenden Schwingungsformen bei Selbstoszillation des Filters mit verschiedenen Einstellungen der beiden Clipping-Regler:
Offener Resonanzweg
Eine Besonderheit (ähnlich wie beim A-108) ist der offene Resonanzweg: Hier lässt sich über einen VCA eine spannungsgesteuerte Resonanz realisieren oder auch einfach ein weiteres Modul einschleifen.
MS-20 Reloaded?
Die Filtersektion des MS-20 lässt sich mit zwei A-106-1 Modulen nachbauen – das Ergebnis wird naturgemäß etwas anders als das Original klingen (der im Übrigen während seiner Produktionszeit mit zwei recht unterschiedlich gebauten und klingenden Filtersektionen hergestellt wurde).
Damit hat man freilich noch lange keinen MS-20, die Oszillatoren waren recht speziell, eine der Hüllkurven hatte ein Delay, der LFO eine variable Schwingungsform, die zwischen aufsteigendem Sägezahn, Dreieck, absteigendem Sägezahn und beliebigen Zwischenstufen verändert werden konnte usw.
Im Grunde gilt: Wer einen „ganz echten“ MS-20 möchte, sollte sich einen MS-20 (oder einen preiswerten Nachbau) zulegen. Wer die klanglichen Eigenheiten vom MS-20 (und noch viel mehr) im Modularsystem möchte, ist mit dem A-106-6 hervorragend bedient.
Klangbeispiele
-
A-106-1 / Oszillatoren auf beide Eingänge aufgeteilt
Zwei A-110-1 VCOs werden auf ein Intervall von 2 Oktaven transponiert und gemeinsam von einem A-155 Sequencer gesteuert. Der Sägezahn aus dem tiefer gestimmte VCO wird in den Hochpass-Eingang, der Sägezahn aus dem höher gestimmten VCO in den Tiefpass-Eingang des A-106-1 geschickt (Level jeweils auf ca. 5). CL+ ist auf 10, CL- auf 0 eingestellt. Das Ausgangssignal des Filters wird über einen A-132-3 VCA (exponentiell) verstärkt. Der VCA wird von einem A-140 ADSR moduliert, der durch den Sequenzer getriggert wird.
Die Eckfrequenz des A-106-1 wird durch das Dreiecksignal aus einem langsamen A-143-3 moduliert. Man hört – mit viel Übersprechen zwischen den Filtern – wie langsam abwechselnd der tiefer und der höher gestimmte VCO den Klang dominieren. Die Resonanz des Filters ist zunächst 0 und wird im Laufe des Klangbeispiels bis zum Maximim geregelt.
-
A-106-1 / Eingangssignal über Polarizer
Ein einzelner A-110-1 VCO liefert hier das Basismaterial für den Klang. Der Sägezahn-Ausgang wird aufgesplittet: Ein Teil geht direkt in den Lowpass-Eingang des A-106-1 Filters, der andere wird über einen A-133 VC Polarizer geschickt, bevor es in den Highpass-Eingang des Filter wandert. Der Polarizer wird von einem langsamen Dreiecksignal aus einem A-143-4 LFO moduliert. Die Level beider Eingänge im Filter sind auf 5 eingestellt.
Der VCO wird von einem A-155 Sequenzer gesteuert, der auch einen A-140 ADSR triggert. Der ADSR moduliert gleichzeitig einen A-132-3 VCA (exponentiell) für das Ausgangssignal des Filters und die Eckfrequenz des Filters selbst. Beide Clipping-Regler im Filter stehen auf 10.
Während des Klangbeispiels wird die Resonanz langsam von 0 auf Maximum geregelt. Durch die modulierte Polarisierung des zweiten (identischen) Eingangssignals hört man eine langsame Überblendung zwischen Lowpass (HP-Eingangssignal auf 0), Bandpass (HP-Eingangssignal positiv) und Notch (HP-Eingangssignal invertiert). Freilich sind beim A-106-1 diese Unterschiede aufgrund des Übersprechens zwischen den Filtern und der stets „mitwirkenden“ Verzerrungen eher subtil.
-
A-106-1 / BBD im Feedback-Loop
Als Rohmaterial dienen drei A-110-1 VCOs, zwei Sägezahn-Schwingungen werden ganz leicht verstimmt, eine Oktave darunter eine Sinusschwingung. Die Mischung (mit einem A-138b) geht in den LP-Eingang des A-106-1, der HP-Eingang wird mit einem Blindstecker stumm geschaltet.
Die VCOs werden von einem A-155 Sequenzer mit einem A-160-5 Ratcheting-Controller gesteuert, der die Trigger-Signale für einen A-140 ADSR liefert. Der ADSR moduliert einen A-132-3 VCA (exponentiell) nach dem Filter, sowie die Eckfrequenz des Filters. Zusätzlich wird das Filter durch die Tonhöhen-Steuerspannung aus dem Sequenzer abgeschwächt gesteuert.
Im Feedback-Weg des Filters ist ein A-188-1X BBD mit 128 Stages eingeschleift. Das BBD wird von einem langsamen Dreieck aus einem A-143-4 LFO moduliert.
Während des Klangbeispiels starte ich ohne Feedback im Filter und erhöhe manuell langsam auf das Maximum. Danach erhöhe ich die BBD-interne Feedbackschleife ebenfalls von 0 auf das Maximum. Anschließend wird die Eckfrequenz des Filters manuell erhöht, das BBD-Feedback wieder auf 0 zurück gedreht und dann auch das Feedback des Filters wieder auf 0 reduziert. Am Ende wird die Filter-Modulation durch den ADSR-Generator bis auf 0 reduziert.
Etwas Hall und Delay aus der DAW.
-
A-106-1 / Einzel- und Doppeleinsatz
In diesem Klangbeispiel werden zwei A-106-1 eingesetzt. Wir beginnen wieder einmal mit 3 A-110-1 VCOs, verwenden bei allen die Sägezahn-Ausgänge, ein VCO ist 1 Oktave nach unten transponiert. Die Mischung der 3 VCOs geht in den ersten A-106-1 (im Hochpass-Modus) und danach in den zweiten A-106-1 (im Tiefpass-Modus). Tonhöhen der VCOs und Trigger für die ADSRs werden von einem A-155 Sequencer gesteuert. Verschiedene Clipping-Level der Filter werden manuell geregelelt.
Während der ersten 2 Minuten ist nur ein einzelner A-106-1 im Einsatz, danach schalten wir auf 2 Filter um – zuerst Hochpass, dann Tiefpass:
Technische Daten
Breite | 14 TE |
Tiefe | 40 mm |
Strombedarf | 30 mA (+12V) / -20 mA (-12V) |