A-111-6 Miniature Synthesizer Voice

Meinen A-111-5 habe ich oft als „Lückenbüßer“ eingesetzt, wenn ich noch schnell eine weitere einfache Synthesizerstimme benötigt habe und vielleicht auch einfach zu faul war, für so eine Nebenstimme nochmal extra VCO, VCF, VCA, ADSR und LFOs zu patchen. Oft hat mich dabei das „schlechte Gewissen des Modularisten“ geplagt, wenn ich dabei die weitreichenden Möglichkeiten dieses überaus raffinierten Moduls ignoriert und nur einen „plain vanilla“ – Sound eingestellt hatte (der mir Nicht-Feingeist trotzdem immer ziemlich gut gefallen hatte).

Irgendwann Ende 2019 kam dann der A-111-6 auf den Markt: Ein stark vereinfachter Mini Synthesizer ohne LFOs, mit einer auf zwei Parameter sehr reduzierten Hüllkurve, im neuen „Slim Line“ Design mit kleineren Knöpfen und einer von 24 TE auf nur noch 10 TE reduzierten Breite. Na gut, was will man da erwarten, das wird dann wohl endlich die „plain vanilla“ – Maschine sein, die man ohne schlechtes Gewissen für ganz banale Sounds einsetzen kann, weil sie eh nicht mehr kann. Oder eben doch, wie wir sehen werden.

Bedienelemente

Eingänge:

Systembus: Wie auch beim A-110-1 oder A-111-1 ist die Tonhöhe des A-111-6 über eine am Systembus anliegende Spannung steuerbar. Der Systembus lässt sich mit einem A-185-1 oder A-185-2 ansprechen oder auch bei Bedarf mit einem Jumper auf der Platine deaktivieren.

Wie bei allen VCOs mit CV-Steuerung über den Bus sollte man diese Option deaktivieren, wenn man sie nicht nutzt: Die offenen Leitungen könnten sonst als „Antennen“ arbeiten und Störsignale auffangen.

  1. 1V/Oct: Steuerspannungseingang für den VCO, mit der üblichen Charakteristik 1V / Oktave.
  2. Mod.: Steuerspannungseingang für die Modulation des VCOs. Je nach „Dest.“-Schalter für Pulsbreitenmodulation oder (exponentielle) Frequenzmodulation. Der „Mod.“-Regler ist der Abschwächer für diesen Eingang.
  3. Gate: Gate-Eingang zum Auslösen des Hüllkurvengenerators.
  4. CVT: Steuerspannungseingang für die Modulation der Zeit-abhängigen Parameter der Hüllkurve (Attack, Decay, Release).
  5. VCF FM1: Steuerspannungseingang für die Filtereckfrequenz, der Regler „FM1“ ist der Abschwächer für diesen Eingang.
  6. CV Bal.: Steuerspannungseingang für die Überblendung zwischen VCO und Suboszillator oder zwischen VCO und dem Signal am Eingang „Ext. In“.
  7. VCF FM 2: zweiter Steuerspannungseingang für die Filtereckfrequenz, ohne Abschwächer.
  8. Ext. In: Audio-Eingang für ein zusätzliches Signal, das mit dem VCF / VCA des Moduls bearbeitet wird.

Ausgänge:

  1. Envelope: Ausgang für die Steuerspannung der im Modul erzeugten Hüllkurve.
  2. Out: Audio-Ausgang für das Modul.

Regler / Schalter:

VCO

  1. Tune: Feintuning des Oszillators.
  2. Mod.: Abschwächer für den Modulationseingang „Mod.“ (Pulsbreitenmodulation oder exponentielle Frequenzmodulation, je nach Schalter „Dest.“)
  3. PW: Manuelle Einstellung der Pulsbreite.
  4. Oct.: Wahlschalter für die Oktavlage des VCOs über 3 Oktaven.
  5. Dest.: Schalter für das Modulationsziel: PWM (Pulsbreite), FM (Frequenzmodulation) oder off (keine Modulation).
  6. Wave: Schwingungsform, die zusätzlich zur immer vorhandenen Rechteck-/Pulsschwingung verwendet wird (Sägezahn, Dreieck oder off).

VCF

  1. Frq.: Manueller Regler für die Eckfrequenz des Filters.
  2. FM1: Abschwächer für den Modulationseingang „VCF FM1“ des Filters.
  3. Res.: Manueller Regler für die Resonanz des Filters.

VCA

  1. Bal.: Regler für die Balance zwischen dem VCO und dem Suboszillator bzw. zwischen dem VCO und einer externen Audioquelle, wenn diese am Eingang „Ext. In“ angeschlossen ist.
  2. Envel. / Gate: Schalter zur Auswahl zwischen dem internen Hüllkurvengenerator oder einem einfachen Gate für die Steuerung des VCAs.
  3. Gain: Manueller Regler für die Lautstärke des VCAs, unabhängig davon, ob eine Hüllkurve oder ein Gate-Signal anliegt (Dauerton).

Env.

  1. Att.: Attack-Regler für die Hüllkurve.
  2. AD / ADSR / AR: Umschalter für die Betriebsart der Hüllkurve: AD – Attack und unmittelbar danach Decay (ohne Haltephase), ADSR – Attack und Decay wie zuvor, danach eine Haltephase mit 50% Sustain-Level bis zum Ende des Gate-Signals, dann Ausklingen in einer Release-Phase, die genauso lang ist wie die Decay-Phayse, AR – Attack und dann Haltephase mit 100% Sustain bis zum Ende des Gate-Signals, dann Ausklingen in einer Release-Phase.
  3. D/R: Regler für die Länge der Decay- bzw. Release-Phase (je nach Betriebsart der Hüllkurve).

Eigenschaften der Teilmodule

VCO

Der VCO ist ein typischer Vertreter der A-111 – Reihe mit seinem Dreiecks-Kern und hoher Präzision beim Tracking über viele Oktaven. Aus Platzgründen haben wir nur einen einzelnen Tuning-Regler, der den VCO entweder feinfühlig über +/- 1/2 Oktave oder – deutlich gröber – über +/- 2 Oktaven stimmen kann. Für sauberes Tuning empfiehlt sich immer die „Finetuning“-Variante, vielleicht ergänzt mit einem A-185-2 Precision Adder / Bus Access, um die mageren 3 Oktaven des Oktavwahlschalters zu erweitern.

Wie schon beim A-111-5 ist beim A-111-6 die Rechtecks-/Puls-Schwingung immer präsent. Sie kann per Schalter mit einem Dreieck oder einem Sägezahn (oder auch mit gar nichts) ergänzt werden. Um das Rechtecksignal zu eliminieren und z.B. nur Dreieck oder Sägezahn zu verwenden, muss man lediglich die Pulsbreite mit dem Regler „PW“ auf 0% (Linksanschlag) oder 100% (Rechtsanschlag) einstellen: Ein Puls mit 0% oder 100% ist nicht mehr hörbar.

VCF

Das Filter ist ein modernes 24dB-Filter auf Curtis-Basis, wie wir es auch beim A-111-5 finden. Es reagiert ebenfalls recht genau mit 1V / Oktave über den Eingang „VCF FM2“, so dass man bei hoher Filter-Resonanz auch einen ganz gut musikalisch einsetzbaren Sinus-Oszillator zur Verfügung hat, wenn die Pulsbreite (siehe oben) auf einen Extremwert eingestellt ist und der Schalter für die zusätzliche Schwingungsform auf „off“ steht.

VCA und Suboszillator

Hier hat Doepfer eine unscheinbare, aber doch sehr nützliche Innovation gegenüber dem älteren Mini Synthesizer eingebaut: Das Modul hat einen einfachen, zumischbaren Suboszillator der eine Oktave unter dem VCO mitschwingt und der bei Bedarf dem Klang deutlich mehr Gewicht verleihen kann. Klar, man kann so etwas wie den A-115 an jeden beliebigen VCO anschließen und mit einem zusätzlichen Mixer dazufügen, aber hier haben wir halt einfach einen einzelnen kleiner Regler, der das erledigt und fertig! Sehr praktisch.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Steuerungsmöglichkeiten für den VCA des Moduls:

  • Verschiedene Betriebsarten des Hüllkurvengenerators (AD / ADSR / AR).
  • Einfache Gate-Steuerung („an / aus“, wie bei einer Orgel).
  • Manuelle Verstärkung, unabhängig von Gate oder Hüllkurven (Stichwort Drones).
  • Gate-Steuerung mit leichtem „Verschleifen“ über einen Slew-Generator (über Jumper).
  • Kombinationen daraus.
Linker Kanal (oben): A-111-6 mit gesetzter „Slew“-Option, rechter Kanal (unten): A-111-6 ohne „Slew“-Option.

Das „Verschleifen“ des Gate-Signals ist allerdings nur ein minimaler Effekt. Die steigende Flanke wird nur ganz leicht abgerundet und ist akustisch kaum als „Attack-Zeit“ wahrnehmbar. Hier werden eher harte Klicks vermieden, die das Gate-Signal bei der Steuerung des VCAs in eher speziellen Einstellungen verursachen kann. Beim Ende des Gate-Signals ist der Effekt noch geringer und eigentlich nur nur im Oszilloskop erkennbar.

In der Abbildung sehen wir zwei A-111-6 mit identischen Einstellungen, das Rechteck ist auf 100% und nicht hörbar, der Sägezahn des VCOs ist zugeschaltet, Filter ist komplett offen. Bei beiden Mini Synthesizer sind die VCAs auf „Gate“ gestellt und werden gleichzeitig von einem A-146 LFO getriggert. Die beiden Module unterscheiden sich nur durch die gesetzte / nicht gesetzte „Slew“-Option. Der aufgezeichnete Ton dauert etwa 0,8 Sekunden.

Envelope

Der Hüllkurvengenerator ist extrem reduziert auf zwei Parameter (Attack und Decay/Release) und ähnelt damit dem A-142-2 Dual Envelope Controlled VCA. Das ist schon ziemlich minimalistisch. Spart Platz, klar, aber ist sonst eher hinderlich? Wenn man mehrere dieser Module im polyphonen Kontext einsetzt, wird man sehr schnell froh darüber sein, dass man mit nur zwei Reglern pro „Stimme“ die Hüllkurven ziemlich flott und präzise aneinander angleichen kann. Der Umschalter für die Betriebsarten liefert schnell interessante Variationen und die CV-Steuerung der Zeit-Parameter lässt alles auch über Anschlagsdynamik steuern.

Konfiguration über die Platine

Wie üblich bei vielen neuen Doepfer-Modulen: Wir haben eine ganze Reihe an Optionen, die wir über Jumper auf den Platinen konfigurieren können.

Jumper auf Board A und darunter auf der Unterseite von Board B.
Jumper:Funktion:
JP3Jumper oben (in unserer Abbildung): Steuerspannungen am Eingang „CVT“ erhöhen die Attack-Zeit (Werkseinstellung). Jumper unten: Steuerspanungen an „CVT“ verkürzen die Attack-Zeit.
JP4Jumper oben (in unserer Abbildung): Steuerspannungen am Eingang „CVT“ erhöhen die Decay-/Release-Zeit (Werkseinstellung). Jumper unten: Steuerspanungen an „CVT“ verkürzen die Decay-/Release-Zeit.
JP5Jumper gesetzt: Verbindung der Steuerspannung für den VCO mit der Bus-CV (Werkseinstellung). Damit lässt sich der VCO über ein Midi-Interface oder über ein Bus-Access-Modul spielen, ohne dass ein Patchkabel erforderlich ist. Ohne diesen Jumper ist der VCO unabhängig von der Bus-CV.
JP6Jumper gesetzt: Verbindung der Steuerspannung für die Filter-Eckfrequenz mit der Bus-CV (Werkseinstellung). Ohne diesen Jumper ist der CVF unabhängiog von der Bus-CV.
JP7Jumper gesetzt: Verbindung des Gate-Eingangs mit der Gate-Leitung des A-100 – Busses (Werkseinstellung).
JP8Der Jumper befindet sich auf dem darunter liegenden Board B. Jumper gesetzt: Der Bereich des Tune-Reglers beträgt ca. +/- 1/2 Oktave (Werkseinstellung). Ohne Jumper: Der Bereich des Tune-Reglers beträgt ca. +/- 2 Oktaven.
Zwei weitere Jumper auf der Oberseite von Board B (zwischen der Platine und der Frontplatte des Moduls.
Jumper:Funktion:
JP9Jumper gesetzt: Wenn nur das externe Gate-Signal zur Steuereung des VCAs verwendet wird (d.h. keine Hüllkurve), wird ein Slew Limiter auf das Gate angewandt. Ohne Jumper (Werkseinstellung): Kein Slew Limiter, das Gate-Signal steuert 1:1 den VCA.
JP10Jumper gesetzt: Die Eckfrequenz des Filters folgt der Steuerspannung am „1V/Oct“-Eingang für den VCO (Werkseinstellung). Ohne Jumper: Das Filter ist von der VCO-Steuerspannung entkoppelt.

Klangbeispiele

Alternativen

Die Alternativen für den A-111-6 sind überschaubar, was aber nicht weiter überrascht. Eigentlich gibt es da nur den A-111-5.

  • Vergleich Mini-Synthesizer

    Doepfer hat mit dem A-111-5 und A-111-6 aktuell zwei Module im Programm, die – abgesehen von Keyboard oder Sequenzer zu Steuerung – ohne weitere Peripherie komplette Synthesizerstimmen zur Verfügung stellen. Technisch fast baugleich zum etwas älteren A-111-5 war der kleine Desktop-Synthesizer Dark Energy, der aber schon lange nicht mehr hergestellt wird. Technisch und klanglich interessant sind die Nachfolger Dark Energy II und Dark Energy III, die beide an Stelle des 24dB Lowpass-Filters mit einem 12dB Multimode-Filter ausgestattet waren. Ich persönlich mag 12dB-Filter sehr gerne, aber das ist letztlich Geschmackssache. Leider hat Doepfer die Produktion aller Dark Energy Synthesizer eingestellt, es bleiben also nur die beiden Eurorack-Module.

    A-111-5A-111-6
    2 LFOsKeine eigenen LFOs
    24 TE Breite, normal große Knöpfe10 TE Breite, Knöpfe in schmaler „Slim Line“ Ausführung
    Getrennte Eingänge für PWM und VCO-FMEin VCO-Modulationseingang, umschaltbar zwischen PWM und FM
    Externer Modulationseingang für den VCAKein externer Modulationseingang für den VCA
    Ein externer Modulationseingang für das FilterZwei externe Modulationseingänge für das Filter
    Lineare Filter-FM durch den VCO möglich, zusätzlich exponentielle Filter-FM durch LFO, ADSR usw.Nur exponentielle Filter-FM durch Hüllkurve oder externes Signal
    Kein SuboszillatorSuboszillator mit eigenem Modulationseingang für die Balance zwischen VCO und Suboszillator
    Vollständige ADSR-HüllkurveAD / ADSR / AR – Hüllkurve mit zwei Parametern (umschaltbar)

    Erwähnenswert ist noch der schon sehr lange nicht mehr hergestellte A-109 VC Signal Processor: Ihm fehlt freilich der VCO, um in der Liga der „Mini-Synthesizer“ mitzuspielen, dafür hatte er zwei Audioeingänge, einen 24dB VCF und einen VCA, sowie – interessantes Konzept – einen spannungsgesteuerten Panner mit Stereo-Ausgängen. Mit 20 TE sehr bequem bedienbar, aber nach heutigen Maßstäben nicht gerade platzsparend.

Technische Daten

Breite10 TE
Tiefe50 mm
Strombedarf60 mA (+12V) / -60 mA (-12V)