A-110-4 Quadrature Thru Zero VCO

Zunächst einmal: Wow, was für ein pompöser Name! „Quadrature Thru Zero VCO“! Das klingt doch mindestens nach Warp 11, Quantenfluxkompensatoren und ähnlichen Dingen, oder? Die Bezeichnung wird eigentlich nur noch vom A-110-6 „Trapezoid Thru Zero Quadrature VCO“ getoppt – zu dem kommen wir in einem späteren Blogbeitrag in diesem Hyperraumkontinuum zu sprechen.

Das Wort „Quadrature“ kennen wir von einem anderen Modul, dem A-143-9 VC Quadrature LFO: Hier hatte Doepfer erstmals einen Oszillator angeboten, der eine Sinusschwingung „quadratisch“, d.h. um jeweils 90° in der Phase verschoben erzeugt. Und so wird auch beim A-110-4 ein Sinus und ein Cosinus (um 90° gegen den Sinus verschoben) ausgegeben. Und „Thru Zero“? Das bedeutet schlichtweg, dass der Oszillator bis zu echten 0 Herz moduliert werden kann – hier bleibt die Schwingung einfach auf einer konstanten Spannung stehen – und sogar noch darunter zu „negativen Frequenzen“. Letztere sind allerdings schon wieder recht trivial, es handelt sich einfach um invertierte Schwingungen, die nach dem Nulldurchgang wieder an Frequenz zunehmen.

Wozu braucht man so etwas? Den A-143-9 VC Quadrature LFO z.B. wird man oft für komplexere Modulationen einsetzen, bei denen mehrere Modulationsziele (z.B. VCAs oder VCFs) unterschiedlich, aber in steter gegenseitiger Abhängigkeit moduliert werden sollen. Im Prinzip lässt sich das natürlich auch mit einem A-110-4 durchführen, allerdings kann der deutlich weiter in den Audiobereich vordringen. Der A-143-9 ist dagegen eher ein „gepimpter“ LFO. Zudem ist in den A-110-4 eine Temperaturkompensation eingebaut, die Stimmung wird also auch bei schwankenden Außentempersturen gehalten. FM von mehreren Oszillatoren liegt somit näher – zusätzlich interessant durch die Modulation über den Nullpunkt hinweg.

Bedienelemente

Eingänge:

Systembus: Wie auch beim A-110-1 oder A-111-1 ist die Tonhöhe des A-110-4 über eine am Systembus anliegende Spannung steuerbar. Der Systembus lässt sich mit einem A-185-1 oder A-185-2 ansprechen oder auch bei Bedarf mit einem Jumper auf der Platine deaktivieren.

Wie bei allen VCOs mit CV-Steuerung über den Bus sollte man diese Option deaktivieren, wenn man sie nicht nutzt: Die offenen Leitungen könnten sonst als „Antennen“ arbeiten und Störsignale auffangen.

  1. 1 V/Oct: Exponentieller Steuerspannungseingang. Dieser Eingang entspricht den Haupt-Steuereingängen bei anderen VCOs und kann z.B. mit einem CV-Keyboard oder einem Sequencer genutzt werden.
  2. XFM: Auch dieser Steuereingang arbeitet exponentiell, besitzt aber einen Abschwächer (Regler „XFM“), mit dem die hier anliegende Steuerspannung geregelt werden kann, z.B. für ein Vibrato aus der Steuerspannung eines LFOs.
  3. LFM: Im Gegensatz zu den beiden anderen Steuereingängen arbeitet der „LFM“-Eingang linear, eignet sich also bestens für lineare Frequenzmodulation z.B. mit einem zweiten A-110-4.

Ausgänge:

  1. Sine: Audio-Ausgang für das Sinus-Signal des Oszillators.
  2. Cosine: Audio-Ausgang für das Cosinus-Signal (d.h. ein um 90° phasenverschobenes Sinus-Signal) des Oszillators.

Regler / Schalter:

  1. XTune: Mit diesem Regler wird die Grundfrequenz des Oszillators eingestellt. Der Regelbereich ist enorm groß, feine Abstimmungen erfordern also etwas mehr Fingerspitzengefühl, als z.B. beim A-111, der neben einem Oktavwahlschalter über zwei Regler für die Grob- und Feinstimmung verfügt.
  2. XFM: Abschwächer für den exponentiellen Steuerspannungseingang „XFM“.
  3. LFrq: Ein linear arbeitender Regler für die Frequenz des Oszillators, der allerdings – im Gegensatz zum Regler „XTune“ auch den „Nullpunkt“ durchfahren kann: Etwa in der Mitte der Reglerstellung erreicht die Frequenz des Oszillators 0 Hz und darunter steigt die Frequenz wieder an, allerdings mit invertierter Phase des Audio-Signals.
  4. LFM: Abschwächer für den linearen Steuerspannungseingang „LFM“.

Tonhöhenschwankungen durch FM?

Die lineare Frequenzmodulation kann sehr komplexe Klänge erzeugen, die wir spätestens seit den Yamaha DX-Synthesizern der Achtzigerjahre bestens kennen. Fast alle FM-Synthesizer arbeiten allerdings mit einer digitalen Klangerzeugung, analoge FM gilt als eine eher schwierige Kunst. Warum?

Eines der Hauptprobleme sind sogenannte DC-Offsets bei den modulierenden VCOs: Viele analoge VCOs oszillieren nicht exakt um 0 Volt, sondern weisen eine leichte Verschiebung auf, die manchmal sogar abhängig von der Frequenz variiert. Für ein Audiosignal ist so etwas kein wirkliches Problem, wir hören schlicht nichts von diesen Offset-Spannungen. Ganz anders, wenn man so etwas als Modulationssignal einsetzt: Die leichte zusätzliche Gleichspannung (und nichts anderes ist so ein Offset) verschiebt die Tonhöhe des modulierten VCO ein Stückchen nach oben oder unten. Und wenn wir die Intensität der Modulation erhöhen, dann verschiebt sich die Grund-Frequenz des modulierten VCOs noch weiter. So etwas ist ganz besonders auffällig, wenn die Modulation dynamisch ist, wenn wir also in klassischer FM-Manier die Stärke der Modulation über einen VCA mit einer Hüllkurve steuern – die Grund-Tonhöhe wird dann der Hüllkurve folgen, ein Effekt, den wir in der Regel so nicht beabsichtigt haben…

Im Netz gibt es einige Berichte, dass ausgerechnet unser A-110-4 besonders empfindlich für solche DC-Offsets zu sein scheint. Was tun? Es gibt mehrere Lösungsansätze:

  • Wahl eines Modulators (d.h. eines VCOs, der den A-110-4 moduliert),  der ein möglichst geringes DC-Offset aufweist. Hier hilft nur ausprobieren…
  • Zwischenschalten eines Hochpassfilters. Ein A-123 oder ein A-123-2 kann den unerwünschten Effekt mildern.
  • Zwischenschalten eines Kondensators: Das ist eine Lösung für die Löt-Fraktion, aber auch sie stößt bei dynamischer Modulation an ihre Grenzen – ein DC-Offset, das über VCA und Hüllkurve moduliert wird, ist nämlich keine echte Gleichspannung mehr, die ein Kondensator eliminieren könnte.
  • Kompensation des DC-Offsets mit einer zugemischten Gleichspannung – auch hier scheitern wir bei dynamischer Modulation.
  • Wir akzeptieren das Problem so wie es ist und setzen den A-110-4 bei dynamischer FM eher für Effekt-Klänge, Perkussives und anderem ein, das nicht einer exakten Tonhöhe folgen muss.

Letztlich sind das alles eher Kompromisse. Für tonal zu spielende dynamische FM ist der – allerdings auch teurere – A-110-6 die deutlich bessere Wahl.

Frequenzschieber

Ein leider nicht mehr produziertes Modul von Doepfer ist der A-126 VC Frequency Shifter: Ein komplexes Gerät, mit dem die Teiltöne einer Schwingungsform um einen bestimmten Betrag nach oben und/oder nach unten verschoben werden können. Da diese Verschiebung sämtliche Teiltöne um die gleiche Frequenz verändert, geht das ursprüngliche harmonisches Gefüge verloren und es entstehen glockenartige Klänge, wie man sie von Ringmodulatoren her kennt.

Tatsächlich lässt sich ein Frequenzschieber mit Hilfe eines Quadratur-Oszillators und zwei Ringmodulatoren (z.B. aus einem A-114 Dual Ring Modulator oder – feiner justierbar – aus einem A-133 oder A-133-2 Dual VC Polarizer) nachbilden. Die Sinus- und die Cosinus-Schwingung aus dem A-110-4 dienen als eines der Eingangssignale (beim A-114, bzw. als Modulationssignal beim A-133), in die beiden freien Eingänge des A-114 oder A-133 wird dann noch (per Multiples aufgeteilt) das zu modulierende Audiosignal geleitet.

Die typischen Frequenzschieber-Signale sind ein „Shifted Up“- und ein „Shifted Down“-Signal, das wir aus einer einfachen 1:1-Mischung (Up) der beiden ringmodulierten Signale, sowie aus einer Mischung aus einem Original-Signal mit einem invertierten Signal erhalten. Unser Nachbau erfordert etwas mehr Platz als das Original, aber kommt durchweg mit „Brot-und-Butter“-Modulen (A-114, A-175 usw.) aus, die auch in kleineren Modularsystemen vorhanden sein sollten. Im Gegensatz zum ursprünglichen A-126, der nur einen recht einfachen Quadratur-Oszillator „an Bord“ hatte, können wir mit dem A-110-4 auch extrem niedrige Modulationsfrequenzen einsetzen und faszinierende Schwebungen erzeugen, die mit dem Original so nicht ohne Weiteres möglich sind.

Der neue A-126-2 Frequency Shifter bietet (neben vielen weiteren Verbesserungen) Eingänge für einen externen Quadratur-VCO/LFO mit dessen Sinus-/Cosinus-Signalen.

FM – Frequenzmodulation

Unter „FM“ wird meist eine Frequenzmodulation von Oszillatoren verstanden (im Gegensatz zu einer „Filter-FM“ etwa), die mit Modulationsfrequenzen im Audiobereich arbeitet. Das Prinzip ist aus den digitalen FM-Synthesizern von Yamaha bekannt, obwohl es sich bei dieser FM technisch eher um eine Phasenmodulation handelt.

Bereits mit einem weiteren VCO (z.B. einem A-110-1) als Modulator können FM-Sounds erstellt werden, die durch das „Thru Zero“-Feature und die dadurch entstehende laufende Phasenumkehr (im Audiobereich!) sehr ungewöhnlich klingen. Als Modulator-Schwingungsform sollte man übrigens ruhig auch mal andere Schwingungsformen als nur Sinus verwenden, speziell Pulswellen führen zu recht reizvollen Ergebnissen.

Des Pudels Kern

Der A-110-4 ist einer der wenigen Oszillatoren (neben dem A-143-9), die einen echten Sinus-Kern besitzen. Das bedeutet, dass die Sinus-Schwingungsform hier nicht aus einer anderen Schwingungsform (meist Dreieck wie beim A-111-1, A-111-2 und A-111-3 oder Sägezahn wie beim A-110-1 und A-110-2) abgeleitet werden muss, sondern grundsätzlich bereits als Sinus erzteugt wird. Dem entsprechend ist der Sinus der A-110-4 – VCOs sehr sauber und ohne „Ecken und Kanten“, die ggf. zusätzliche – beim Sinus ungewollte – Obertöne als Seiteneffekt erzeugen.

Temperaturkompensation

Der A-110-4 verfügt über eine kleine Schaltung zur Temperaturkompensation, die ihn unabhängig von Veränderungen der Außentemperatur stimmstabil bleiben lässt.

Sonderedition

Der A-110-4 ist auch in einer Sonderedition mit blauer Frontplatte und weißen Drehreglern erhältlich.

Klangbeispiele

  • A-110-4, A-110-6, A-133-2 / Modulation im Polarizer

    In diesem Klangbeispiel werden die beiden um 90 Grad phasenverschobenen Sägezahn-Ausgänge des A-110-6 in einem A-133-2 VC Polarizer durch die Sinus- und Cosinus-Ausgänge eines A-110-4 moduliert. Im Prinzip ist das eine Amplitudenmodulation, die aber bei negativer Steuerspannung die Phase wechselt (Ringmodulator-Prinzip). Wir hören die beiden Ausgänge des Polarizers auf die Stereokanäle verteilt. Die Stimmung der beiden VCOs wird per Hand geregelt.

    A-110-6 im VC Polarizer, moduliert von einem A-110-4.
  • A-110-4, A-110-6, A-172 / Phasenverschoben im Max/Min Selector

    In diesem Beispiel setzen wir einen A-110-6 und einen A-110-4 mit ihren jeweils um 90 Grad phasenverschobenen Sinus-Ausgängen ein, Ziel sind die vier Eingangssignale eines A-172 Max/Min Selectors. Die beiden Ausgänge für Max und Min sind auf die beiden Stereokanäle verteilt. Meine A-110-4 stammen noch aus einer früheren Baureihe mit deutlich geringerem Ausgangslevel als der A-110-6, was hier zu interessanten Nebeneffekten führt. Die Stimmung der beiden VCOs wird wieder per Hand geregelt.

    A-110-6 im Max/Min, gemeinsam mit einem A-110-4.
  • A-110-4, A-133-2 / Doppelte Ringmodulation

    Ein A-110-4 moduliert mit seinen Sinus- und Cosinus-Ausgängen die beiden „CV“-Eingänge eines A-133-2 Dual VC Polarizers. Das zweite Eingangssignal – in beide „In“-Eingänge des A-133-2 ist eine „TRASIN“-Schwingungsform aus einem A-110-6 mit konstanter Frequenz.

    Mit einem A-138m Matrix Mixer werden für den linken Audiokanal die beiden „Out“-Ausgänge des A-133-2 1:1 gemischt, für den rechten Audiokanal eine Mischung aus normalem „Out“-Ausgang des ersten Teilmoduls im A-133-2 und invertiertem „Out“-Ausgang des zweiten Teilmoduls.

    Manuell wird nun die Frequenz des (ring-)modulierenden A-110-4 von nahezu 0 Hertz auf Audio-Frequenzen erhöht und wieder zurück. Ab etwa 0:25 driften die Frequenzen des linken und rechten Kanals hörbar auseinender – der rechte Kanal wird tiefer, der linke höher. Das ist ein Effekt, den man auch aus deutlich aufwändiger gebauten Frequenzschiebern kennt.

    Ringmodulation.

Technische Daten

Breite8 TE
Tiefe60 mm
Strombedarf90 mA (+12V) / -30 mA (-12V)